Zeithain. Das soll eine Druckerei sein? Keine Spur von Druckerschwärze: Stattdessen sind blütenweiße Papierrollen in Reih und Glied gestapelt, eine Putzmaschine rollt fast lautlos über den blanken Kunststoffboden. In dem spiegelt sich das Licht aus zahllosen Lampen an der Decke. Ein halbes Dutzend Mitarbeiter verschwindet zwischen quaderförmigen Maschinen, die trotz ihrer Größe nur ein halblautes Klicken und Summen von sich geben.
In der Halle am Rand des Zeithainer Gewerbegebiets hat sich eine der modernsten Druckereien Europas angesiedelt, sagt Geschäftsführer Stefan Harder. „Wir machen nur Digitaldruck und nutzen keine konventionelle Drucktechnik mehr“, sagt der 51-Jährige, der selbst die Branche gut kennt: Der Schwabe ist gelernter Offsetdrucker, hat später seinen Meister gemacht und in Süddeutschland eine eigene Offsetdruckerei geführt. „Die habe ich allerdings 2014 verkauft“, sagt der Chef der Harder-Online GmbH, die in der Branche besser unter dem Namen „Labelprint24“ bekannt ist. Unter diesem Namen hat Harder von Großenhain aus
Etiketten für Deutschland, Österreich, die Schweiz, Polen und Tschechien gedruckt – bis ihm dort der Platz in einem früheren Supermarkt zu eng wurde. Deshalb ist das Unternehmen vergangenen Herbst nach Zeithain umgezogen. Aber warum ausgerechnet nach Zeithain? „Wir haben vor allem danach geschaut, dass wir unseren Mitarbeitern den neuen Arbeitsweg zumuten können“, sagt Stefan Harder. In Großenhain waren es knapp 40, in der neuen Halle im Gewerbegebiet An der Borntelle sind es 45 – und ab dem Sommer wird dort auch ausgebildet.
Insgesamt beschäftigt Labelprint24 70 Mitarbeiter – die meisten im Drei-Schicht-System hier vor Ort, einige in Büros in Frankfurt und Süddeutschland sowie in Tschechien, wo die IT-Abteilung sitzt. Alle zusammen arbeiten daran, möglichst effizient Kunden in ganz Deutschland und darüber hinaus zu beliefern. „Ziel ist es, mit möglichst wenig Klicks zum Auftrag zu kommen.“ Die Produktpalette umfasst dabei alle möglichen Etiketten, die sich etwa auf Reinigungsmitteln in Baumärkten oder oder auf Lebensmitteln in Supermärkten wiederfinden. Zunehmend gehören aber auch
Faltschachteln aller möglichen Größen dazu – die im Zeitalter des Onlineversands gefragt sind. Dafür brauchte es allerdings auch neue Maschinen, sodass es in der neuen Halle in Zeithain bereits nach wenigen Monaten schon wieder zu eng wird. „Wir haben hier modernste Maschinen im Einsatz, von denen wir manche sogar als Prototypen gekauft haben“, sagt Stefan Harder. Da geht es gleich um größere Summen: Die letzte Neuanschaffung hat anderthalb Millionen Euro gekostet.
Am Platz aber soll es in Zeithain nicht scheitern: Die Fläche direkt neben dem Gerüst-Spezialisten Klukas bietet nach hinten noch genug Erweiterungsmöglichkeiten, sodass selbst der Bau einer zweiten Halle nicht ausgeschlossen wäre. „Das war ein wichtiges Kriterium für uns“, sagt Stefan Harder, der auf weiteres Wachstum setzt. „Allein im vergangenen Jahr hatten wir ein Wachstum um mehr als 25 Prozent.“
Ebenfalls unverzichtbar für eine Online-Druckerei war der schnelle Internetanschluss, der An der Borntelle schnell realisiert werden konnte. Der Zustand der Halle war da weniger wichtig: Das frühere Elektrolager war nach einer Zwischennutzung für eine berühmt-berüchtigte Asylunterkunft ziemlich sanierungsbedürftig.
Davon ist jetzt allerdings nichts mehr zu bemerken, wenn man mit dem Geschäftsführer einen Rundgang durch das blitzsaubere Unternehmen macht. „Wir erfüllen auch die strengen Anforderungen der Lebensmittel verarbeitenden Industrie“, sagt der Geschäftsführer. Schokoladenpackungen könne man ebenso liefern wie Zahnpastatuben. Das Essen selbst war diese Woche allerdings hinter einer bodenhohen Glaswand aufgebaut, die einen Aufenthaltsraum von der eigentlichen Produktionshalle trennt: Dort empfing Harder am Montag Zeithains Bürgermeister Ralf Hänsel (parteilos) und die Gemeinderäte. „Ich wurde gefragt, ob ich mein Unternehmen im Gemeinderat vorstelle – da habe ich die Leute doch lieber gleich zu mir eingeladen, damit sie sich selbst ein Bild machen können“, sagt der 51-Jährige.
Der Bürgermeister jedenfalls ist froh, dass sich eine neue Nutzung für das Objekt ergeben hat. Auch wenn kaum ein Kunde ahnt, dass er sehr oft auch ein Produkt aus Zeithain mit kauft, wenn er irgendwo in Europa ins Regal greift.